Jeder liebt ein gutes Schnäppchen. Preisnachlässe sind ein mächtiges Marketinginstrument im Handel, besonders im E-Commerce. Doch nicht jeder “Deal” ist so transparent, wie er auf den ersten Blick scheint. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat kürzlich (Urteil vom 9. Oktober 2025 – I ZR 183/24) erneut klargestellt, welche Anforderungen an die Werbung mit Preisermäßigungen gestellt werden. Das Urteil ist ein Weckruf für Händler – online wie offline –, die ihre Rabattkommunikation noch nicht den strengen Regeln der Preisangabenverordnung (PAngV) angepasst haben. Im Kern geht es um die Transparenz des sogenannten “30-Tage-Bestpreises”.
Die neue Ära des Verbraucherschutzes: Warum der Referenzpreis so wichtig ist
Seit Mai 2022 gilt in Deutschland – als Umsetzung der EU-weiten Omnibus-Richtlinie – eine verschärfte Regelung für die Werbung mit Preisermäßigungen. Das Ziel ist klar: Verbraucher sollen vor irreführenden Rabatten, sogenannten “Mondpreisen”, geschützt werden. Wer als Händler einen Preisnachlass bewirbt, muss seither gemäß § 11 Abs. 1 PAngV den niedrigsten Gesamtpreis angeben, den er innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung für das beworbene Produkt verlangt hat. Dieser Referenzpreis soll dem Kunden ermöglichen, den tatsächlichen Wert des Rabattes korrekt einzuschätzen.
Der Fall vor dem BGH: Kaffee, kleine Schrift und eine hochgestellte Ziffer
Genau um diese Regelung drehte sich ein Fall, den der BGH zu entscheiden hatte (Urteil vom 9. Oktober 2025 – I ZR 183/24). Ein Lebensmitteldiscounter bewarb in einem Prospekt ein Kaffeeprodukt. Neben dem aktuellen Verkaufspreis (“4.44”) war in kleiner Schrift der Preis “6.99” mit einer hochgestellten “1” zu sehen, gefolgt von der Angabe “-36 %”. Die kleine hochgestellte Ziffer verwies auf einen noch kleiner gedruckten Text am Seitenende: “Bisheriger 30-Tage-Bestpreis, außer: [beworbenes Kaffeeprodukt] 4.44”.
Die Wettbewerbszentrale sah darin einen Verstoß gegen die PAngV und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Die Vorinstanzen gaben ihr Recht, und auch der BGH bestätigte: Die Werbung war unzulässig.
Klar, unmissverständlich und gut lesbar: Die Anforderungen des BGH
Der BGH stellte in seinem Urteil klar, dass es nicht ausreicht, den niedrigsten Gesamtpreis der letzten 30 Tage in beliebiger Weise anzugeben. Vielmehr muss diese Angabe in einer Weise erfolgen, die für den Verbraucher unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar ist. Die versteckte Angabe über eine hochgestellte Ziffer und einen kleingedruckten Hinweis am Seitenende genügt diesen Anforderungen nicht. Der Kunde muss auf den ersten Blick erkennen können, worauf sich der beworbene Rabatt bezieht.
Diese Klarheitsvorgabe leitet sich aus § 1 Abs. 3 Satz 2 PAngV ab, der Preisklarheit und Preiswahrheit fordert. Wird der niedrigste Gesamtpreis nicht korrekt und transparent kommuniziert, wird dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthalten. Dies ist nach § 5a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 5b Abs. 4 UWG unlauter und damit wettbewerbswidrig.
Was bedeutet das für Online-Händler im E-Commerce?
Das Urteil hat weitreichende Konsequenzen, insbesondere für den E-Commerce. Online-Shops nutzen Rabattaktionen ständig, um Kunden anzulocken. Wer jetzt nicht aufpasst, riskiert teure Abmahnungen durch Wettbewerber oder Verbraucherschutzorganisationen.
Praktische Tipps für die Umsetzung im Online-Shop:
- Direkte Zuordnung: Der 30-Tage-Bestpreis muss direkt neben dem aktuellen Angebotspreis und der Rabattangabe stehen. Eine hochgestellte Ziffer, die auf einen Link oder ein kleines Infofeld verweist, ist riskant.
- Deutliche Sichtbarkeit: Die Schriftgröße und -farbe des Referenzpreises dürfen nicht stark vom Angebotspreis abweichen, sodass er leicht übersehen werden kann.
- Eindeutige Kennzeichnung: Verwenden Sie Formulierungen wie “Niedrigster Preis der letzten 30 Tage:”, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen.
- Keine versteckten Pop-ups oder Tooltips: Während zusätzliche Informationen über Tooltips hilfreich sein können, darf die primäre Angabe des Referenzpreises nicht ausschließlich dort versteckt sein.
- Umgang mit Ausnahmen: Wenn es Produkte gibt, die in den letzten 30 Tagen nicht verfügbar waren oder für die der Preis nicht galt, muss dies ebenfalls klar und unmissverständlich kommuniziert werden.
Die Kosten einer Abmahnung können schnell in den vierstelligen Bereich gehen, ganz zu schweigen vom Reputationsschaden. Eine saubere Kommunikation ist nicht nur rechtlich geboten, sondern stärkt auch das Vertrauen der Kunden in Ihren Online-Shop.
Fazit: Transparenz schafft Vertrauen – und schützt vor Abmahnungen
Das BGH-Urteil unterstreicht einmal mehr: Bei der Werbung mit Preisermäßigungen ist Transparenz das A und O. Versteckte Hinweise, zu kleine Schrift oder unklare Formulierungen können schnell zum Verhängnis werden. Händler, die ihre Rabatte klar, unmissverständlich und gut lesbar kommunizieren, schützen sich nicht nur vor rechtlichen Konsequenzen, sondern stärken auch das Vertrauen ihrer Kunden. Im Wettbewerbsrecht gilt: Wer mit Preisen wirbt, muss die Spielregeln kennen und einhalten. Im Zweifelsfall ist es ratsam, die eigene Preiswerbung von Experten prüfen zu lassen.

