Darf die Tonaufzeichnung einer Dashcam bei einem zerkratzten Auto als Beweis dienen oder unterliegt es einem sog. Beweiswertungsverbot? Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf unterliegt die Tonaufzeichnung einer Dashcam laut des vorliegenden Urteils und des damit zusammenhängenden Sachverhalts keinem Beweiswertungsverbots – trotz eines Datenschutzverstoßes (LAG Düsseldorf, Urteil vom 19.01.2023 – 13 Sa 624/22). Wir klären auf.
Hintergrund des Urteils
Der Hintergrund des Urteils beläuft sich auf einen Mitarbeiter der Stadt, der einem seiner Kollegen vorwarf, er habe sein Auto mutwillig zerkratzt. Der Beklagte stellte sein Auto auf einem städtischen Parkplatz neben das Auto des Klägers. Als der Kläger zu seinem Auto zurückkehrte, war die Beifahrerseite zerkratzt. Als Beweis diente die Tonaufzeichnung einer Dashcam aus seinem Auto. Diese habe nämlich genau nach dem Einparkvorgang des Beklagten ein Kratzgeräusch aufgenommen, das nach der Intensität und dem Geräuschmuster nur von einem mutwilligen Zerkratzen seines Wagens durch den Beklagten stammen könne. Das zuständige Landesarbeitsgerichts Düsseldorf war diesbezüglich der Ansicht, die anlasslose Aufzeichnung trotz eines Datenschutzverstoßes hätte in dem vorliegenden Fall verwertet werden dürfen.
Diesbezüglich streitete der Beklagte die Anschuldigungen einer vorsätzlich begangenen Sachbeschädigung ab, denn die Geräusche Ermittlung hätte genauso gut von seinen Schritten über den vereisten Parkplatz oder das Geräusch des Einklappens seines Seitenspiegels sein können. Zudem brachte er an, dass die Tonspur nicht zwingend mit den Bildaufnahmen hätte erfolgen müssen. Sie hätte dementsprechend auch nachträglich hinzugefügt worden sein. Ein weiterer Kritikpunkt des Beklagten war ein sogenanntes Beweiswertungsverbot der aufgenommenen Tonaufnahmen. “Die Dashcam habe in datenschutzrechtlich unzulässiger Weise anlasslos Bild- und Tonaufnahmen gemacht, sobald im Umfeld des VW Transporters eine Bewegung auftrete”, so der Beklagte.
LAG: Trotz Datenschutzverstoßes hätten die Tonaufnahmen verwertet werden können
In einer mündlichen Verhandlung beschloss das LAG, dass eine Entscheidung auf der bislang festgestellten Tatsachengrundlage, die sich so nicht konkret reproduzieren lassen könnte, nicht in Betracht komme. Angeführt wurde, dass zwar in einer anlasslosen Aufzeichnung durch eine Dashcam ein Datenschutzverstoß vorläge. Es ist jedoch immer zwischen den beiden Interessenlagen abzuwägen. Auf der einen Seite steht die informelle Selbstbestimmung des Beklagten, auf der anderen Seite muss das Eigentum vor etwaigen Beeinträchtigungen geschützt werden. Dies führe bei der gebotenen Interessenabwägung im Hinblick auf die hier in Betracht kommende Sachbeschädigung aber nicht zu einem Beweisverwertungsverbot. Dabei wurde von dem Gericht beschlossen, dass sowohl das Video als auch die beiden vor dem Gericht geparkten Autos der Parteien in Augenschein zu nehmen sind und dem Beweis zugänglich gemacht werden. Ein Sachverständiger würde zudem bezüglich des nachträglichen Hinzufügens der Tonspur herangezogen werden.
Parteien schließen Vergleich – auf Vorschlag des Gerichts
Die Parteien haben sich jedoch auf Vorschlag des Gerichts vor einer Beweisaufnahme verständigt und einen Vergleich geschlossen. In Anbetracht dessen, dass die beiden Parteien noch weiterhin kollegial zusammenarbeiten müssen, läge ein Vergleich im Rahmen beider Interessen. Zudem besteht weiter Einigkeit, dass dem Beklagten gegen den Kläger keine Schadensersatzansprüche aufgrund etwaiger Datenschutzverstöße zustehen und die Tonaufnahmen laut Ansicht des LAG Düsseldorf keinem Beweiswertungsverbot unterlegen hätte.
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