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Widerrufsbelehrung bei Teilnahme am Amazon Marketplace – Urteil des AG Mettmann vom 6.8.2014 – 21 C 304/13 (rechtskräftig)

Widerrufsbelehrung bei Teilnahme am Amazon Marketplace – Urteil des AG Mettmann vom 6.8.2014 – 21 C 304/13 (rechtskräftig) Widerrufsbelehrung bei Teilnahme am Amazon Marketplace – Urteil des AG Mettmann vom 6.8.2014 – 21 C 304/13 (rechtskräftig)
Autor: Rechtsanwalt Marcus Dury LL.M. (IT-Recht)

Veröffentlicht: 17.12.2014

Amazon Widerrufsbelehrung MarketplaceDas Amtsgericht Mettmann hatte einen Fall bzgl. eines Amazon-Marketplace Verkäufers zu entscheiden, der nach einem Widerruf eines Tapetenkaufs einen Wertersatzanspruch gegen den Kunden geltend machen wollte.

Zusammenfassend kann man folgende Leitsätze aus dem wenig überraschenden Urteil bilden:

1. Nach alter Rechtslage gem. § 355 Absatz 2 Satz 1 und § 355 Absatz 3 Satz 1, 126b BGB a.F., die bis zum 13.06.2014 galt, reichte es für eine formgerechte Übermittlung der Widerrufsbelehrung an den Verbraucher nicht aus, die Widerrufsbelehrung nur auf dem Amazon Marketplace vorzuhalten.

2. Eine lediglich im Internet veröffentlichte Widerrufsbelehrung könnte jederzeit geändert werden und entspricht damit nicht dem Textformerfordernis für Widerrufsbelehrungen (vgl. Art. 246 Abs.3 EGBGB n.F.).

3. Die Widerrufsbelehrung muss durch den Amazon-Marketplace-Teilnehmer als Verkäufer erfolgen, nicht durch Amazon.de selbst, denn maßgeblich ist, dass der Verbraucher unmittelbar von dem Verkäufer selbst belehrt wird.

4. Wenn nicht ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt wurde steht dem Verkäufer auch kein Wertersatzanspruch zu, da es an dem erforderlichen Hinweis auf eine etwaige Wertersatzpflicht fehlt.

AG Mettmann, Urteil vom 6.8.2014 – 21 C 304/13 (rechtskräftig)

Bildquellennachweis: Datenberg -_Mister Vertilger – photocase.com

Aus den Gründen:

Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gem. § 312d (a.F.), § 355 (a.F.), § 357 Absatz 1 (a.F.), § 346 Absatz 1 BGB. Die Bekl. hat keinen aufrechenbaren Anspruch auf Wertersatz gem. § 312e (a.F.), § 346 Absatz 2 Nr. 3, § 357 Absatz 3 BGB(a.F.).

Ihr steht auch aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Schadensersatzanspruch zu, mit dem sie aufrechnen konnte. Es handelt sich bei dem Kaufvertrag über die streitgegenständliche Tapete um einen Fernabsatzvertrag gem. § 312b BGB (a.F.).

Die Klägerin ist Verbraucherin gem. § 13 BGB (a.F.). Sie hat die Tapete als natürliche Person für einen Zweck gekauft, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugeordnet werden konnte. Die Bekl. ist Unternehmerin gem. § BGB § 14 BGB. Sie nimmt als gewerbliche Verkäuferin am Amazon Marketplace teil. Die Willenserklärung der Klägerin auf Abschluss des Vertrags wurde wirksam widerrufen. Eine Frist zum Widerruf war noch nicht erloschen gem. § 355 Absatz 3 Satz 3 BGB (a.F.).

Eine Widerrufsbelehrung mit dem Inhalt des § 360 Absatz 1 BGB (a.F.) in Textform ist der Klägerin durch die Beklagte nämlich nicht zugegangen. Ein pauschaler Hinweis auf die AGB auf der Homepage genügt den Anforderungen der Textform nicht gem. § 355 Absatz 3 Satz 1 BGB (a.F.). Die Textform gem. § 126b BGB (a.F.) umfasst auch die Übermittlung durch Fax oder E-Mail.

Eine lediglich auf die Homepage des Betreibers gestellte Belehrung reicht grds. nicht aus. Entscheidend ist, dass für den Verbraucher eine dauerhafte Wiedergabe möglich ist. Es muss zu einer Perpetuierung bei dem Verbraucher kommen. Eine lediglich im Internet veröffentlichte Widerrufsbelehrung könnte jederzeit geändert werden und kann daher keine Rechtssicherheit leisten. Der Umstand, dass die AGB des jeweiligen Plattformbetreibers unter der Option „meine Bestellungen” für den Käufer abrufbar sind, ist daher irrelevant. Auch kann dahinstehen, ob die Kl. eine E-Mail von Amazon mit einer Widerrufsbelehrung erhalten hat. Denn maßgeblich ist, dass der Unternehmer als Vertragspartner den Verbraucher belehrt. Darüber hinaus wird durch diese Belehrung den Voraussetzungen des § 360 Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 BGB (a.F.) nicht Genüge getan. […]

Nach der Rücksendung der streitgegenständlichen Tapetenrolle war die Bekl. zur Rückzahlung des von der Kl. gezahlten Kaufpreises verpflichtet. Ein aufrechenbarer Gegenanspruch auf Wertersatz oder auf Schadensersatz steht ihr nicht zu. Ein ordnungsgemäßer Hinweis auf das Entstehen eines Wertersatzanspruchs gem. § 312E Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 BGB (a.F.) erfolgte nicht. […]

Insb. reicht dafür nicht aus, dass die Kl. die Möglichkeit gehabt habe, die AGB zu lesen, da eine positive Kenntnis damit nicht bewiesen ist. Auch reichen dahingehende Indizien, die sich aus der Widerrufserklärung der Klägerin ergeben, nicht aus, zumal daraus nicht zwingend herzuleiten ist, dass die Klägerin bereits bei Prüfung der Ware die entsprechenden Kenntnisse gehabt hat. Ein Schadensersatzanspruch der Beklagten ist zu verneinen, da ein der Klägerin vorwerfbares Verhalten, das der Beklagte einen Schaden zugefügt habe, nicht erkennbar ist. Die Prüfung einer Ware kann im Gegensatz zu einer Prüfung im Laden, wo insb. Beratungs- und Vergleichsmöglichkeiten bestehen, intensiver ausfallen. Die Beklagte kann nicht darauf verweisen, dass die Kl. die Möglichkeit gehabt habe, Musterbögen zu bestellen, zumal dies nicht zwingend für die Bestellung der Tapete selbst war. I.R.d. Prüfung kann es sogar zu einem ersatzlosen Wertverlust der Ware kommen. Das Öffnen der Folie einer Tapete war auch nicht zur Prüfung unüblich und ist damit der Kl. nicht anzulasten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten gem. § 280 Absatz 2, § 286 Absatz 2 Nr. 3 BGB.

Die 30-tägige Zahlungsfrist gem. § 357 Absatz 1 Satz 2, 3 BGB (a.F.) bezieht sich nicht auf die Fälligkeit, sondern auf den Verzug. Dieser ist dadurch eingetreten, dass die Bekl. mit E-Mail v. 27.10.2013 die Leistung verweigerte, indem sie mitteilte, dass sie nur originalverpackte Artikel zurücknehme und auszahle.

Der Rechtsanwalt wurde am 28.10.2013 tätig. Auch der Einwand der Beklagten, dass die Aufforderung der Klägerin zur Zahlung auf ihr Konto nicht den vereinbarten Bedingungen entspreche, greift nicht durch. In der Widerrufserklärung sind keine Angaben zu der Form der Rückabwicklung zu machen. […]

Anmerkung:

Die Entscheidung des AG Mettmann ist wenig überraschend, da der BGH (BGH, Urteil vom 15.05.2014 – III ZR 368/13) bereits entschieden hatte, dass eine Widerrufsbelehrung, die nur in einem Online-Shop angezeigt wird, nicht ausreichend ist. Das Urteil bildet auch die aktuelle Rechtslage nach Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie ab, die die Grundlage für die deutsche Rechtslage seit dem 13.6.2014 bildet.