Gem. Art. 15 DSGVO hat jeder das Recht auf Auskunft, wenn personenbezogene Daten der jeweiligen Personen erhoben wurden. Bezüglich dieser Thematik gibt es nun ein neues Urteil (Az.: 4 C 199/21; Urteil vom 28.03.2022), das im Folgenden kurz zusammengefasst wird.
Hintergrund des Urteils
In dem Urteil handelt es sich um den Kläger, der ein Auskunftsersuchen nach Art. 15 DSGVO anstellte, indem dieser den öffentlichen Nahverkehr nutzte und dabei von dem Verkehrsbetrieb als datenschutzrechtlich Verantwortlichem über die flächendeckende Videoüberwachung in den öffentlichen Transportmitteln Auskunft darüber verlangte, welche personenbezogenen Daten zu der Fahrt verarbeitet worden sind.
Videoüberwachung
Hinsichtlich der Videoüberwachung ist zwischen der offenen und der verdeckten Videoüberwachung zu differenzieren. Eine weitere Unterscheidung wird hinsichtlich des Kriteriums der öffentlichen Zugänglichkeit des Ortes, an dem die Videoüberwachung erfolgt, vorgenommen. Das Aufzeichnen von Videoaufnahmen bringt eine Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten iSd § 3 Abs. 1 BDSG mit sich, da mittels dieser Aufzeichnungen grundsätzlich immer in die persönlichen Umstände einer Person eingegriffen wird. Dies geht aus dem neuen Datenschutz hervor, wonach mit Einführung des § 32 BDSG gleichzeitig mit der Tathandlung des Herstellens und Verbreitens einer Videoaufzeichnung eine Verarbeitung von Daten iSd BDSG mitverwirklicht ist (Venetis/Oberwetter, NJW 2016, 1051 (1051)).
- a) Offene Videoüberwachung im öffentlich zugänglichen Raum
Die Videoüberwachung richtet sich nach Maßgaben des § 6 b BDSG, nach der die Überwachung nochmals in die bloße Aufzeichnung des Videos nach § 6 b Abs. 1 BDSG und einmal in die Verwertung durch die personenbezogenen Daten nach § 6 b Abs. 3 BDSG unterteilt wird. Indes findet § 6 b BDSG lediglich nur dann Anwendung, wenn die Überwachung in einem Raum erfolgt, der öffentlich zugänglich ist. Die Entwicklung der technischen Fortschritte und Möglichkeiten bleibt auch von dem Schutzbereich des § 6 b 5 Bongers, in: Kramer IT-ArbR, Kap. B. Rn. 830. 6 Venetis/Oberwetter, NJW 2016, 1051 (1051). 4 BDSG nicht unberührt, da dieser im Rahmen des neuen Datenschutzes nicht nur fest stationäre Videokameras umfasst, sondern gleichwohl auch bewegliche Kameras unter dessen Anwendungsbereich fallen (Venetis/Oberwetter, NJW 2016, 1051 (1052)).
In dem vorliegenden Fall verlangte die betroffene Person zusätzlich zu der Auskunft über die Erhebung der personenbezogenen Daten die Herausgabe einer Kopie der Videoaufnahmen, wo die betroffene Person zu sehen war. Der datenschutzrechtlich Verantwortliche des Bahnunternehmens verweigerte dahingehend jedoch die Herausgabe der Kopien. Begründet wurde dies laut der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (kurz: BlnBDI) damit, dass zum Schutze der Persönlichkeitsrechte der anderen Passagiere eine Herausgabe des Filmmaterials nicht einfach an Privatpersonen herausgegeben werde, sondern dies lediglich auf einer strafverfolgungsbehördlichen (Staatsanwaltschaft, Polizei) Anordnung beruhen könnte. Zudem berief man sich darauf, dass das Bahnunternehmen selbst keine Einsicht in die Daten auf den Videoaufnahmen nehme und die Videoausschnitte somit nicht unter die Erhebung von personenbezogenen Daten fällt, sodass eine Auskunft an etwaige Strafverfolgungsorgane auch nicht anhand der Aushändigung oder Einsicht des Videomaterials erfolge.
Aus Sicht der DSGVO ist dabei Bezug auf Art. 15 Abs. 4 DSGVO zu nehmen. Dort heißt es: „Das Recht auf Erhalt einer Kopie gemäß Absatz 3 darf die Rechte und Freiheiten anderer Personen nicht beeinträchtigen.“ Angenommen das Bahnunternehmen würde eine Kopie des Videomaterials aushändigen, wird dabei das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mitpassagiere beeinträchtigt.
Im Wege der Verhältnismäßigkeit ist nach dem legitimen Zweck, der Geeignetheit, der Erforderlichkeit und der Angemessenheit zu prüfen, ob die Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der anderen Passagiere das Recht auf Auskunft der Erhebung der personenbezogenen Daten überwiegt. Dabei darf vor allem die Verletzung der Intim- oder Privatsphäre eines Mitpassagiers bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht einschlägig sein. Lediglich die sog. Sozialsphäre darf von der Maßnahme tangiert werden (Venetis/Oberwetter, NJW 2016, 1051 (1053)).
In dem vorliegenden Fall wurde die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme verneint.
Der Landesdatenschutzbeauftragten zufolge hätten jedoch die Mitpassagiere auch geschwärzt oder verpixelt werden können. Dies hatte jedoch keinen Erfolg, sodass eine gerichtliche Klage erhoben wurde.
Fazit
Die Videoüberwachung ist ein datenschutzrechtliches relevantes Thema mit dem sich Gerichte zunehmend auseinandersetzen müssen. Zu beachten ist dabei die Differenzierung zwischen der offenen Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen und verdeckten Videoüberwachungen an öffentlichen Plätzen oder in geschlossenen Räumen. Zu wünschen sind in jedem Fall angemessene und praxistaugliche Lösungen, um die Rechte aller betroffenen Parteien in gleichem Maße zu berücksichtigen.
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