Datenschutzverstoß – Wer darf eigentlich abmahnen?

Eine illustrierte Person am Laptop mit Symbolen für Gericht und Datenschutz, die das Thema Abmahnung bei DSGVO-Verstößen.

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist allgegenwärtig, z.B. im E-Commerce. Doch viele Online-Händler fragen sich: Wer genau darf mich bei einem Datenschutzverstoß abmahnen? Sind es nur die Aufsichtsbehörden oder können auch andere Parteien aktiv werden? Die Antwort ist komplexer, als man denkt und birgt für Unternehmen oft unerwartete Risiken.

Die Hauptakteure bei Abmahnungen wegen Datenschutzverstößen

Grundsätzlich gibt es mehrere Instanzen, die bei einem Datenschutzverstoß tätig werden können:

  1. Die Datenschutzaufsichtsbehörden:
    Sie sind die primären Hüter der DSGVO. Die nationalen Aufsichtsbehörden (in Deutschland die Landesdatenschutzbeauftragten) haben weitreichende Befugnisse. Sie können nicht nur Bußgelder verhängen (Art. 83 DSGVO), sondern auch Anordnungen treffen, die Verarbeitung vorübergehend oder dauerhaft untersagen und Unternehmen zu korrigierenden Maßnahmen verpflichten (Art. 58 DSGVO). Sie sind die erste Anlaufstelle für Betroffene, die sich beschweren möchten (Art. 77 DSGVO). Eine “Abmahnung” im wettbewerbsrechtlichen Sinne versenden sie jedoch nicht.
  2. Die betroffene Person selbst:
    Jede Person, deren Daten unrechtmäßig verarbeitet werden, hat Rechte nach der DSGVO. Sie kann sich an die Aufsichtsbehörde wenden, aber auch zivilrechtliche Schritte einleiten, etwa auf Unterlassung oder Schadensersatz (Art. 79, 82 DSGVO). Eine direkte “Abmahnung” im Wettbewerbsrecht ist aber auch hier nicht das typische Instrument.
  3. Wettbewerber, Verbände und Verbraucherschutzorganisationen:
    Hier wird es für Online-Händler besonders relevant und riskant. Ja, auch diese Akteure dürfen unter bestimmten Voraussetzungen wegen Datenschutzverstößen abmahnen. Der Schlüssel dazu liegt im deutschen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

Datenschutzverstoß als Wettbewerbsverstoß: Der Hebel des UWG

Ein Datenschutzverstoß kann auch ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht sein, wenn er gleichzeitig eine sogenannte “Marktverhaltensregel” darstellt. Das bedeutet: Wenn die Einhaltung einer Datenschutzvorschrift dazu dient, das Verhalten von Marktteilnehmern (Unternehmen und Verbraucher) im Markt zu steuern, dann ist ihr Verstoß unlauter im Sinne des UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb).

  • 3a UWG besagt, dass unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Viele Gerichte, darunter auch der Bundesgerichtshof (BGH), haben in der Vergangenheit bestätigt, dass bestimmte datenschutzrechtliche Pflichten solche Marktverhaltensregeln sein können.

Beispiele für Datenschutzverstöße, die wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden können:

  • Fehlendes oder unvollständiges Impressum (Telemediengesetz, TMG, aber auch relevant für Datenschutz): Obwohl primär TMG-Verstoß, ist ein fehlerhaftes Impressum oft auch im Kontext von Datenschutz relevant, da es die Identifikation des Verantwortlichen erschwert.
  • Fehlende oder mangelhafte Datenschutzerklärung (Art. 13/14 DSGVO): Wenn ein Online-Shop keine oder eine unzureichende Datenschutzerklärung hat, die nicht über die Verarbeitung personenbezogener Daten informiert, kann dies als Verstoß gegen eine Marktverhaltensregel gewertet werden. Verbraucher können sich nicht informiert entscheiden.
  • Unzulässige Cookie-Banner oder Cookie-Nutzung: Die Nichteinhaltung der Anforderungen an die Einwilligung für Cookies kann ebenfalls ein unlauterer Wettbewerbsvorteil sein.
  • Unzulässige Datenweitergabe oder -erhebung: Werden Kundendaten ohne Rechtsgrundlage erhoben oder weitergegeben (z.B. E-Mail-Adressen für Newsletter ohne Einwilligung), kann dies einen unfairen Vorteil gegenüber Wettbewerbern darstellen, die sich an die Regeln halten.
  • Fehlende Verschlüsselung oder mangelnde Datensicherheit: Wenn wesentliche Sicherheitsstandards (Art. 32 DSGVO) nicht eingehalten werden, kann dies das Vertrauen der Verbraucher beeinträchtigen und den Wettbewerb verzerren.

Warum mahnen Wettbewerber ab? Der “Wettbewerbsvorteil”

Der Kern der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung liegt darin, dass der Rechtsbrecher sich durch sein rechtswidriges Verhalten einen “spürbaren Wettbewerbsvorteil” verschafft. Ein Unternehmen, das sich nicht an die Datenschutzregeln hält, spart eventuell Kosten (z.B. für die Implementierung datenschutzkonformer Systeme) oder erhält mehr Kundendaten, die es unzulässig nutzen kann. Das kann als unlauterer Vorteil gegenüber Mitbewerbern gesehen werden, die Zeit und Geld in die Einhaltung der DSGVO investieren.

Konsequenzen einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung

Eine Abmahnung durch einen Wettbewerber oder Verband ist oft mit der Aufforderung verbunden, eine Unterlassungserklärung abzugeben und die Abmahnkosten zu tragen. Die Unterlassungserklärung ist eine Verpflichtung, das beanstandete Verhalten in Zukunft zu unterlassen. Wird sie nicht abgegeben oder später erneut gegen die Erklärung verstoßen, können hohe Vertragsstrafen und gerichtliche Auseinandersetzungen folgen.

Fazit: Datenschutz im E-Commerce – Ein Minenfeld

Die Frage, wer bei Datenschutzverstößen abmahnen darf, ist komplex. Neben den Datenschutzaufsichtsbehörden, die Bußgelder und Anordnungen verhängen, können auch Wettbewerber, Verbraucherschutz- und Mitbewerberverbände aktiv werden. Sie nutzen das Wettbewerbsrecht (UWG), um Datenschutzverstöße zu ahnden, wenn diese als Verstoß gegen Marktverhaltensregeln gewertet werden und einen unfairen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Für Online-Händler bedeutet dies: Eine solide Datenschutz-Compliance ist nicht nur aus Gründen des Datenschutzes wichtig, sondern auch, um sich vor teuren wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen zu schützen. Ein Verstoß gegen die DSGVO kann also doppelt bestraft werden: einmal durch die Aufsichtsbehörde und zusätzlich durch einen Mitbewerber. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, alle Aspekte des E-Commerce-Rechts, einschließlich Impressum und Datenschutzerklärung, gewissenhaft zu prüfen und auf dem neuesten Stand zu halten. Ignoranz ist hier kein Schutz vor Strafe.

 

Tipp zum Umgang mit Abmahnungen

Trudelt eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung bei Ihnen ein, ist eine rechtliche Überprüfung der Berechtigung und der Anspruchsgrundlage ratsam. Weder vorschnelle Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung noch eine vollständige Ignorierung sind empfehlenswert. Eine fundierte Bewertung durch eine fachkundige Stelle (z. B. Kanzlei für Wettbewerbsrecht) kann helfen, unnötige Kosten oder Prozesse zu vermeiden.
Hier verweisen wir auf unseren Partner, DURY LEGAL Rechtsanwälte, um eine fundierte rechtliche Einschätzung und gegebenenfalls eine modifizierte Unterlassungserklärung zu erhalten. Die spezialisierte Kanzlei bietet Unterstützung bei der Prüfung, Reaktion oder Zurückweisung von Abmahnungen.

Tags :
Abmahnungen & Bußgelder, Datenschutz

Autor:

Teilen