Ist die Videoüberwachung in einem Fitnessstudio datenschutzwidrig?
Mit dieser Frage beschäftigte sich das VG Ansbach und wies die Klage der Betreiberin des Fitnessstudios gegen die Unterlassungsanordnung mittels eines Urteils ab (Urt. v. 23.02.2022, Az. AN 14 K 20.00083).
Hintergrund des Urteils
Eine Kundin des betroffenen Fitnessstudios fühlte sich durch die permanente Videoüberwachung während des Trainings massivst in ihren allgemeinen Persönlichkeitsrechten, vor allem in ihrem Recht aus Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs.1 GG auf informationelle Selbstbestimmung gestört und rügte bei dem Bayrischen Landesamt für Datenschutzaufsicht die Videoüberwachung. Demnach wurde die Inhaberin des Studios von der Datenschutzbehörde auf Unterlassung hingewiesen. Auf eine Klage der Betreiberin hin wurde die Entscheidung der Datenschutzbehörde lediglich durch das VG Ansbach bestärkt.
Die Videoüberwachung
Gem. § 4 Abs. 1 BDSG versteht man unter einer Videoüberwachung eine „Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen”. Dahingehend sind die Informationspflichten aus Art. 13 und 14 DSGVO zu beachten. Nach Art. 13 DSGVO werden dem Verantwortlichen Informationspflichten auferlegt, wenn er personenbezogene Daten beim Betroffenen erhebt. Gem. Art. 14 DSGVO bestehen für den Verantwortlichen Informationspflichten, wenn die Datenerhebung bei Dritten und eben nicht direkt bei dem Betroffenen erfolgt. Zudem hat die betroffene Person gem. Art. 17 DSGVO das Recht auf Löschung, sofern die in Art. 17 DSGVO normierten Gründe eintreten.
Datenschutzbehörde: Videoüberwachung unzulässig
Bei der Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung an öffentlich zugänglichen Räumen und Plätzen muss immer einer Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgen. Auf der einen Seite stehen die Interessen an einer Videoüberwachung in Relation der dadurch beeinträchtigten Rechte der betroffenen Personen. Die Inhaberin des Studios berief sich darauf, dass eine Videoüberwachung erforderlich sei, um mögliche Straftaten zu verhindern und aufzudecken. Lediglich eine eingegrenzte Überwachung der konkret gefährdeten Bereiche könne als milderes Mittel nach dem Gericht in Betracht gezogen werden. Das Argument der Betreiberin die Videoüberwachung sei notwendig, um vor allem Diebstähle repressiv zu vermeiden, kann nicht überzeugen, da es nicht der Betreiberin obliegt, das Studio diebstahlsicher anhand einer Videoüberwachung zu gestalten. Um Diebstähle zu vermeiden, sei es der Betreiberin auf jeden Fall zuzumuten, dass mehr Personal eingestellt sowie auch technische Vorrichtungen gegen Diebstahl erfolgen könnten. Zudem beschäftigte sich das Gericht mit der Frage, inwiefern der Schutz der Kunden vor Diebstählen und Übergriffen als vertragliche Nebenpflicht in den Aufgabenbereich der Betreiberin falle und die Videoüberwachung notwendig sei. Auch mit der Einhaltung einer vertraglichen Pflicht wäre ein Grund der Verarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO gegeben und die Videoüberwachung wäre mithin gerechtfertigt sowie auch rechtmäßig. Jedoch lehnte das VG Ansbach auch diese Argumentation der Betreiberin ab, da die Betreiberin zwar in einem gewissen Maße für Schaden der Kunden verantwortlich ist, jedoch nicht für jeden Schadensfall.
Eine lückenlose Videoüberwachung zur Abwehr und Nachverfolgung von Diebstählen sei im Vergleich zu abschließbaren Spinden und hilfsbereitem Personal nicht mehr umfasst.
Konkludente Einwilligung in Form von Hinweisschildern?
Fraglich ist, ob die Hinweisschilder einer Videoüberwachung eine Einwilligung in eine Überwachung darstellen könnte. Eine Rechtsgrundlage ist demnach jedoch für die Verarbeitung personenbezogener Daten in jedem Fall aus der DSGVO notwendig. Nach Ansicht der Betreiberin läge eine konkludente Einwilligung der Kunden vor, indem diese die Hinweisschilder der Videoüberwachung wahrnehmen und eine Überwachung mithin zur Kenntnis nehmen würden. Eine Einwilligung gem. Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO abgeben. Bloße Hinweisschilder können nach der Ansicht des Gerichts jedoch nicht als Einwilligung verstanden werden, da diese eine eindeutig bestätigende Handlung voraussetzen müsste, mit der die betroffene Person aktiv in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten einwillige. Die bloße Kenntnisnahme etwaiger Hinweisschilder sei daher gerade nicht als Einwilligungshandlung zu verstehen und somit unzulässig.
Einwilligung in Videoüberwachung durch Vertrag?
Eine Einwilligung könnte jedoch auch durch ein vertragliches Zustandekommen vorliegen. Dies weist das Gericht ebenfalls ab, da bereits in Präzedenzfällen etwaige AGB-Klauseln für nichtig erklärt wurden.
Fazit
Festzuhalten ist, dass eine Videoüberwachung in einem Fitnessstudio grundsätzlich nicht zulässig ist und eine eingeschränkte Überwachung nur in konkret gefährdeten Bereichen als milderes Mittel in Betracht gezogen werden kann. Im Sinne der Verhältnismäßigkeit ist zwischen der Videoüberwachung als repressives Mittel gegen Straftaten (wie des Diebstahls) und der allgemeinen Persönlichkeitsrechte der betroffenen Kunden abzuwägen. Es wird wohl in den meisten Fällen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung überwiegen.
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