Strafrechtliche Relevanz bei heimlicher Nutzung smarter Ortungsgadgets.
Das von Apple hergestellte Ortungsgerät “AirTag” soll lediglich dazu dienen, verlorene Gegenstände wie z.B. Geldbeutel oder Schlüssel wiederzufinden. Diese Art der Nutzung wird jedoch in ihrer Funktionsweise missbraucht. Wenn man das Ortungsgerät “AirTag” nämlich jemanden heimlich unterschiebt, kann der Standort der Person genaustens ermittelt und nachverfolgt werden. Man landet schnell im Anwendungsbereich des Stalkingstatbestandes, der Nachstellung gem. § 238 StGB.
Doch ist das Tracking von Personen mittels AirTags strafbar?
Was ist ein AirTag?
Seit ca. einem Jahr stehen die von Apple produzierten AirTags zum Verkauf. Der AirTag kann dabei an andere Sachgegenstände angekoppelt werden, um diese mittels aktivierten Bluetooth tracken zu können (vgl. https://www.apple.com/de/airtag/). Und hier ist der Knackpunkt: Es kommt des Öfteren zu etwaigen Zweckentfremdungen des Trackinggeräts und zwar nicht nur durch Privatpersonen. So sollen die AirTags ebenfalls zur Aufdeckung geheimer Tarnbehörden des Bundesinnenministeriums durch die Hackerin Lilith Wittmann oder das Tracking russischer Truppenbewegungen mithilfe geplündeter Apple-Produkte durch die ukrainische Bevölkerung.
IPhone- oder grundsätzlich Apple-Nutzer können mit der App “Wo-ist” den Standort des mittels des AirTags gekoppelten Gegenstandes überwachen und somit ermitteln.
Interessant bei den AirTags ist dabei, dass der AirTag an sich über kein GPS-Ortungssystem verfügt. Die Ermittlung des Standorts erfolgt lediglich über das gesamte Netzwerk von Apple. Dabei wird ein AirTag über Bluetooth mit dem jeweiligen Apple-Gerät verbunden und über ein verschlüsseltes Bluetooth-Signal anschließend anderen Apple-Geräten in der Umgebung die Anwesenheit des AirTags mitgeteilt, die den Standort dann an den AirTag-Nutzer senden. Apple-Nutzern wird jedoch zum eigenen Schutz mitgeteilt, wenn ein fremdes AirTag sich dauerhaft in der Umgebung des Nutzers bewegt.
Strafbar?
Zur Strafbarkeit der Ortung von Personen durch Apple AirTags haben die Autoren Lena Leffer und Michelle Weber einen lesenswerten Fachbeitrag auf LTO veröffentlicht.
Zusammengefasst klingt eine zweckentfremdete Ortung durchaus rechtswidrig, jedoch gibt es keine strafrechtliche Vorschrift, die eine solche Handlung unter Strafe stellt. Das Strafrecht gilt dabei als schärfstes Schwert.
Eine Strafbarkeit gemäß § 124 Abs. 1 StGB ist abzulehnen, da der intendierte Schutz des Hausfriedens durch einen AirTag nicht beeinträchtigt wird. Zudem scheidet eine Strafbarkeit nach § 126 a StGB dem gefährdenden Verbreiten personenbezogener Daten aus, da lediglich die Verbreitung solcher Daten rechtswidrig ist, nicht aber die Erlangung der Daten.
Strafbarkeit gem. § 202 a StGB?
- 202 a StGB stellt das Ausspähen von Daten unter Strafe. Jedoch ist Voraussetzung des Tatbestandes des § 202 a StGB, dass der Täter nicht Berechtigter der Standortdaten ist, d.h. dass die ermittelten Daten nicht für den Täter bestimmt sind. Der Täter ist bei der Ermittlung des Standorts des AirTags jedoch Berechtigter der Daten.
Strafbarkeit gem. § 238 StGB?
Der Straftatbestand des § 238 StGB wurde nach einer Reform hinsichtlich der zunehmenden Cyberkriminalität erweitert. So werden nun auch von § 238 Abs. 1 StGB die Cyberstalking-Problematiken erfasst.
Eine Strafbarkeit gem. § 238 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB scheidet jedoch mangels Aufsuchens der räumlichen Nähe des Opfers und mangels der Herstellung eines Kontakts im Sinne einer kommunikativen Verbindung zu der verfolgten Person aus. Auch eine Strafbarkeit gem. § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB scheidet vorliegend aus, da eine Strafbarkeit gem. §§ 202 bis 202 c StGB wie oben geprüft in dieser Konstellation meistens nicht gegeben ist.
Das heimliche Unterschieben und somit Tracking mittels eines AirTags wurde von dem Gesetzgeber bei dem reformierten Straftatbestandes gem. § 238 StGB nicht beachtet. Auf das Analogieverbot im Strafrecht wird hingewiesen.
Zwar käme der Auffangtatbestand des § 238 Abs. 1 Nr. 8 StGB in Betracht, da dieser eine mit den Nr. 1-7 vergleichbare Handlung des Täters verlangt und eine Subsumtion unter diesen Tatbestand somit wahrscheinlich wäre. Jedoch ist die vage Formulierung des Nachstellens durch „andere vergleichbare Handlungen“ hinsichtlich des Bestimmtheitsgebot in Art. 103 Abs. 2 GG aber verfassungsrechtlich sehr problematisch.
Strafbarkeit gemäß Vorschriften außerhalb des StGB?
Eine denkbare Strafbarkeit gem. § 42 BDSG wäre hier auch denkbar. Dabei ist jedoch noch umstritten, ob das BDSG in den vorliegenden Konstellationen überhaupt zur Anwendung kommen kann, da es sich lediglich um Privatpersonen handelt.
Fazit
Nach einer umfassenden Würdigung der Gesamtumstände ist eine Strafbarkeit des heimlichen Trackings mittels der AirTags nach oben geprüften Strafbarkeiten nicht strafbar. Der Gesetzgeber hat seine Straftatbestände noch nicht an alle neuen Technologien angepasst, sodass durchaus Gesetzeslücken entstehen, die die Gerichte künftig vor großen Herausforderungen stellen. Wichtig ist, dass auch Apple diese Entwicklungen auf dem Schirm
Bildquelle: Bild von krzysztof-m auf pixabay.de