Der juristische Adventskalender
Sobald die ersten Lebkuchen in den Supermarktregalen liegen, beginnt auch in vielen Mietwohnungen und Eigenheimen die Transformation zum “Winter Wunderland”. Doch wo der eine Mieter festliche Stimmung verbreiten will, sieht der Nachbar oft nur störendes Blinklicht oder riecht penetranten Vanilleduft im Treppenhaus. Aus juristischer Sicht ist die Weihnachtszeit ein Minenfeld zwischen Persönlichkeitsentfaltung und Rücksichtnahmegebot. In diesem Beitrag beleuchten wir die aktuelle Rechtslage rund um Lichterketten, Türkränze und Online-Bestellungen von Deko-Artikeln.
Weihnachten in den eigenen vier Wänden
Innerhalb der Wohnung genießt der Mieter weitgehende Narrenfreiheit. Das Mietrecht erlaubt es grundsätzlich, die Wohnung nach eigenem Geschmack zu dekorieren. Ob minimalistisch oder amerikanisch-üppig, ist reine Geschmackssache und geht den Vermieter nichts an. Eine wichtige Grenze zieht jedoch das Sachbeschädigungsverbot: Werden für die Dekoration Löcher im Fensterrahmen oder Türen gebohrt, überschreitet dies den vertragsgemäßen Gebrauch. Hier drohen beim Auszug Schadensersatzforderungen. Die Verwendung von rückstandsfrei entfernbaren Klebehaken oder Saugnäpfen ist daher aus rechtlicher Sicht dringend zu empfehlen.
Die “Grauzone”: Treppenhaus und Wohnungstür
Schwieriger wird es, sobald die Dekoration die Schwelle zur Außenwelt überschreitet. Das Treppenhaus ist Gemeinschaftsfläche und kein erweitertes Wohnzimmer.
- Der Türkranz: Ein schlichter Weihnachtskranz an der Außenseite der Wohnungstür ist laut Landgericht Düsseldorf allgemein zulässig und sozialadäquat. Wichtig ist auch hier: Die Befestigung darf die Türsubstanz nicht beschädigen.
- Stolperfallen und Brandschutz: Das Aufstellen von Kerzen, großen Figuren oder Tannenbäumen im Hausflur ist in der Regel untersagt. Einerseits dürfen Fluchtwege nicht verengt werden, andererseits stellt dies eine unzulässige Sondernutzung von Gemeinschaftseigentum dar (Amtsgericht Münster).
- Gerüche: Auch die olfaktorische Zwangsbeglückung der Nachbarn hat Grenzen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied, dass das Versprühen von “Weihnachtsduft” im Treppenhaus mittels Duftsprays unzulässig ist, wenn sich Nachbarn dadurch gestört fühlen.
Es werde Licht – aber wie hell?
Der häufigste Streitpunkt ist die Außenbeleuchtung an Balkonen und Fenstern. Grundsätzlich gehört auch die Anbringung von Lichterketten zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache. Der Vermieter kann dies nicht pauschal verbieten. Dennoch gilt das Gebot der Rücksichtnahme (§ 906 BGB analog). Wenn die Lichterkette des Nachbarn das Schlafzimmer der gegenüberliegenden Wohnung “taghell” ausleuchtet oder in einem aggressiven Rhythmus blinkt (Disko-Effekt), ist die Grenze des Zulässigen überschritten. Spätestens ab 22:00 Uhr sollte im Sinne der Nachtruhe die Beleuchtung gedimmt oder ausgeschaltet werden. Zudem entschied das Landgericht Köln, dass extrem auffällige Installationen, die das optische Erscheinungsbild eines Hauses komplett verändern (z.B. an Hochhausfassaden), unter Umständen genehmigungspflichtig sein können.
E-Commerce und Produktsicherheit: Augen auf beim Deko-Kauf
Ein oft unterschätztes Thema ist die Herkunft der Leuchtmittel. Werden Lichterketten über E-Commerce-Plattformen aus dem nicht-europäischen Ausland bestellt, fehlen oft wichtige Sicherheitszertifikate.
Verbraucher sollten dringend darauf achten, dass die Produkte ein CE-Kennzeichen oder das GS-Zeichen (Geprüfte Sicherheit) tragen. Fehlt ein solches Siegel und verursacht die Billig-Lichterkette einen Wohnungsbrand, kann dies erhebliche haftungsrechtliche Konsequenzen haben. Versicherungen prüfen in solchen Fällen oft sehr genau, ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt. Zudem lohnt sich vor dem Kauf ein Blick ins Impressum des Online-Shops: Sitzt der Händler außerhalb der EU, sind Gewährleistungsansprüche im Schadensfall faktisch kaum durchsetzbar.
Fazit
Weihnachtsdeko ist erlaubt und gehört zum gesellschaftlichen Leben dazu. Mieter sollten jedoch stets prüfen: Beschädige ich Substanz? Störe ich Nachbarn durch Licht oder Geruch? Blockiere ich Fluchtwege? Wer diese Fragen mit “Nein” beantwortet und beim Online-Kauf auf zertifizierte Sicherheit achtet, kann den Advent entspannt und rechtssicher genießen.

